Syrien: Hoffnung in Ruinen
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"Wir hören noch die Worte in unserem Herzen, die der gekreuzigte Jesus an den Heiligen Franziskus zu Beginn seines Weges gerichtet hat: „Richte mein Haus wieder auf, siehst du nicht, dass es zusammenbricht?“. Dieser Satz ist das Motto unserer Mission, gestern, heute und morgen. Wir versuchen mit aller Kraft, uns weiterhin für diesen „Wiederaufbau“ auf allen Ebenen einzusetzen, insbesondere den „Wiederaufbau“ des Menschen und der Familien."
Pater Ibrahim
ALLGEMEINER KONTEXT
Mehr als zehn Jahre nach dem Ausbruch des Syrien-Konflikts ist die Lebenssituation der syrischen Bevölkerung weiter dramatisch. Die Auswirkungen der Sanktionen haben dazu geführt, dass sich die wirtschaftliche Lage der gesamten Bevölkerung immer weiter verschlechtert hat, wobei die Schwächsten immer mehr in Bedrängnis geraten und das Land gelähmt wird. Wie der Humanitarian Response Plan 2021 berichtet, benötigen offiziell 13,4 Mio. Menschen humanitäre Hilfe. Fast die Hälfte hiervon sind Kinder. 6,8 Mio. Menschen wurden innerhalb des Landes vertrieben, 6,9 Mio. sind ins Ausland geflohen. Damit ist mehr als die Hälfte der Vorkriegsbevölkerung vertrieben worden. Da 90% der Vertriebenen männlich sind und der Krieg viele männliche Todesopfer gefordert hat, besteht in der Bevölkerung ein erhebliches Ungleichgewicht der Geschlechter. 90% der Bevölkerung leben unterhalb der Armutsgrenze, und man schätzt, dass 9,3 Mio. Menschen nicht über ausreichende Nahrung verfügen. Familien mit mittlerem Einkommen mussten im Jahr 2021 84% ihres gesamten Einkommens aufwenden, um den Lebensmittelanteil des Warenkorbs für das Existenzminimum erwerben zu können.
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Nicht einmal mit zwei Gehältern kann man eine Familie regelmäßig ernähren, und dies schon seit mehreren Monaten. Der Benzinpreis ist extrem hoch, weil aufgrund der Sanktionen gegen den Iran und Syrien nichts mehr importiert wird. Endlose Schlangen von Autos und Taxis stehen an, um zu tanken. Zum Tanken muss man einen ganzen Tag investieren und ca. 5km lang Schlange stehen.
Beim Strom ist die Lage besonders schlecht. Pro Tag steht in den Häusern nur für 2-3 Stunden Strom zur Verfügung. Die übrigen Stunden müssen mit Stromgeneratoren abgedeckt werden, die mit Benzin laufen und daher sehr teuer sind. Die Krise im Libanon und die Covid-19-Pandemie haben die schon vorher dramatische Situation noch weiter verschärft. Viele Familien suchen nach Wegen, um aus dem Land zu fliehen. Sie sehen keine Möglichkeit mehr, in dieser so schwierigen ökonomischen Situation zu überleben. Die Folgen der Krise sind dramatisch: die Familien haben angefangen, auf eine der täglichen Mahlzeiten zu verzichten, weil sie nicht mehr genug einkaufen können, und viele von ihnen leben ohne Heizung. In dieser Situation bleibt die humanitäre Hilfe von grundlegender Bedeutung. Alle Familien bitten um humanitäre Hilfe, weil sie zu wenig Geld zum Lebensunterhalt haben. Mit einem Monatsgehalt kann man 4-5 Kanister mit 2 Litern Öl kaufen. Auch an Brot fehlt es. Man kann so viele Brote kaufen, wie die Familie Mitglieder hat, nicht mehr.
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UNSERE AKTUELLEN PROJEKTE IN SYRIEN
WAS VERBINDET UNS MIT SYRIEN?
Mit diesem Land verbindet uns die große Trauer darum, dass Syrien wie kaum ein anderes Land der Welt in den letzten Jahren (seit Beginn des Bürgerkrieges 2011) in Blut und Tränen versinkt. Es gibt in diesem Land trotz aller Not, aller Angst, Armut und Verzweiflung aber auch Menschen, die nach wie vor den Lebensmut und die Lebensfreude nicht verloren haben und sich weiterhin für andere einsetzen und versuchen, der leidenden Bevölkerung durch aktive Unterstützung nahe zu sein – so z.B. die Franziskaner in Aleppo und Damaskus und auch in der Region Idlib, der einzigen Region im Land, die noch unter der Kontrolle der Aufständischen steht. Auf dem Meeting in Rimini – einem alljährlich stattfindenden Fest des Dialoges und Völkerverständigung in Rimini - haben wir damals Pater Ibrahim kennengelernt, Pfarrer in Aleppo, der uns durch seine Liebe zu seinem Volk und tiefes Vertrauen in Gottes Barmherzigkeit in diesen schweren Umständen besonders beeindruckt hat.