Wo die Straße endet: Ein Abend in der Capanna
In den Monaten September und Oktober hatte Sophie die einmalige Gelegenheit, am Leben der Casa Famiglia in Athen aktiv teilzunehmen.
Sie war dort als Freiwillige und hat sich voll und ganz in alle Initiativen eingebracht. Besonders prägend war ihre Zeit in der Bethlehems Hütte – auch Capanna genannt, aus dem Italienischen. Dieser Ort bietet obdachlosen Menschen weit mehr als nur eine Unterkunft – er schenkt Wärme, Gemeinschaft und ein Stück Familie. In diesem Beitrag teilt Sophie ihre Eindrücke und Erlebnisse aus dieser einzigartigen Zeit, die sie tief bewegt hat.:
"Es ist schwierig einen Anfang zu finden, wenn man von der Capanna spricht.
Die Capanna ist fast schon ein heilender Ort. Und das für beide Seiten.
Für die, die noch nicht wissen, was die Capanna ist: In der Capanna wird obdachlosen Menschen 3-mal die Woche eine Übernachtungsmöglichkeit, ein warmes Abendessen, Kaffee, Gemeinschaft und einfach ein Gefühl von zu Hause geboten. Wie kommen die Menschen zur Capanna? In der wöchentlichen Runde durch die Stadt oder den Hafen, wo wir Menschen begegnen, die auf der Straße leben, wird diese Möglichkeit angeboten. Dabei muss man erwähnen, dass die Reaktionen sehr unterschiedlich sind. Von glücklich, dankbar und erleichtert bis misstrauisch und höflich abgeneigt ist alles dabei. Nicht alle kommen beim ersten Versuch, manche brauchen mehrere Anläufe und andere kommen überhaupt nie. Eine wichtige Rolle spielt auch, hauptsächlich bei Männern, der eigene Stolz, der sie davon zurückhält.
In der Capanna gelten einige Grundregeln, wie beispielsweise Nüchternheit für den ganzen Aufenthalt im Haus, an die sich gehalten werden muss.
Über die „Capannari“, die Männer und Frauen, die zur Capanna kommen, kann man sagen, dass sie sehr respektvoll und diskret gegenüber freiwilligen Helfern sind und zudem auch eine große Dankbarkeit und Wärme ausstrahlen. Wenn man mit einer gewissen Regelmäßigkeit zur Capanna geht, spürt man, wie sie einen ins Herz schließen und auch man selbst schließt sie ins eigene Herz. Und das kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen. Am Anfang war meine Erfahrung mit den „Capannari“ eher diskret und höflich. Nach einer gewissen Zeit fühlte es sich fast schon familiär an. ‚Ti kanis?‘ – Wie geht es dir? Ist eine Frage die zum Beispiel fast jeder der Capannari zur Begrüßung stellt, was meinem Empfinden nach sehr höflich, aber auch aufmerksam ist und unsere Präsenz wertschätzt. Jede einzelne dieser Personen hat eine Geschichte. Bestimmt auch abhängig von sprachlichen Barrieren, öffnet sich die eine Person vielleicht mehr als die andere.
Was mir in meiner Erfahrung mit der Capanna aufgefallen ist, ist besonders die Kommunikation durch Blicke, aber auch durch Gesten, die eine große Wärme ausstrahlen, eine tröstende, fast schon heilende Wärme. Tatsächlich ist es ein beidseitiges Geben und Nehmen: Wir bieten diese Möglichkeit an, die aber auch für uns ein Geschenk ist, nämlich die Wärme, die von der Dankbarkeit dieser Menschen ausgeht."
Wenn Sie unser Projekt mit Casa Famiglia besser kennenlernen möchten und unterstützen möchten, folgen Sie dem Link Casa Famiglia in Athen