Tagebuch aus Lesbos

Aus dem Tagebuch von Lesbos

Eine Mitarbeiterin der „Operazione Colomba“ verbrachte im Dezember letzten Jahres einige Tage auf Lesbos. Ihre Worte geben den erschütternden und - wie wir meinen - für ganz Europa beschämenden Kontext unseres Projektes in Lesbos wieder, der uns als überzeugte Europäer nicht gleichgültig lassen sollte!

Auszug aus einem Tagebuch-Eintrag vom Dezember 2020

"(...) Nach dem Brand im letzten September stehen nur noch die Skelette der improvisierten Zelte, ironischerweise ist auf einem von ihnen noch die Herkunft der Plastikplane zu lesen: European Union Humanitarian Aid; die einzige Ecke, die den Flammen entkommen ist, zeigt die blaue Flagge und den Sternenkreis. An der Wand, die das ganze Areal umgibt, lese ich eine gemalte Warnung: Hier ist der Friedhof der Menschenrechte. Trotz der düsteren Atmosphäre fällt mein Blick auf eine Sonnenblume, die es geschafft hat, aus dem verbrannten Boden zu sprießen. Dies ist die Insel des Überlebens, trotz aller Hindernisse.

Ich erfahre, dass die Menschen aus dem neuen Lager  nur einmal pro Woche für maximal vier Stunden nach draußen gehen können; dass die Zelte im Lager keinerlei Heizung haben; dass es kein warmes Wasser gibt und die wenigen Duschen im Freien sind – im Dezember; dass es im Lager keinen Raum für Kinder gibt; dass die Menschen nicht einmal kochen, kein Feuer machen und keinen Zugang zu Elektrizität haben, außer für ein paar Stunden am Morgen und am Abend; dass der Zugang zu medizinischer Versorgung begrenzt und schwierig ist; dass es keine Form von Bildung oder Schulbildung für Kinder gibt; dass es inmitten von Schlamm und Kies keine Bewegungsmöglichkeit für Behinderte gibt; dass bei Regen das ganze Lager überflutet wird; dass die Zelte in Küstennähe vom Meerwasser überschwemmt werden; dass die Menschen, stundenlang in der Schlange stehend, im Freien auf ihre Mahlzeiten warten. All diese Informationen überwältigen mich wie ein Tsunami, der mich für ein paar Minuten nach Luft schnappen..."

Sara

Das Original auf italienisch finden Sie hier

Eine Übersetzung des Tagebuch auf Deutsch bieten wir hier an

Erfahren Sie mehr  über das Projekt in Lesbos,  das wir unterstützen

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